In der Radioaktivität von Tschernobyl wächst ein Schimmelpilz
Schimmelpilze haben einen schlechten Ruf und dabei übersieht man häufig, dass es auch nützliche Schimmelpilze gibt beispielsweise für die Medizin. Der Schimmelpilz Penicillium chrysogenum hat als Ausgangsstoff des Antibiotikums Penicillin die Medizin revolutioniert. Nun könnte sich ein weiterer Schimmelpilz dem Menschen als nützlich erweisen, nämlich der schwarze Schimmelpilz Cladosporium sphaerospermum. Dieser Schimmelpilz nutzt Radioaktivität zum Wachstum. Er wurde im Unglücksreaktor von Tschernobyl entdeckt, dort wo die Strahlung am höchsten ist – gedeiht der Pilz. Der Pilz zersetzt radioaktives Material und neutralisiert dabei die radioaktive Strahlung. Forscher haben festgestellt, der Pilz wächst in Richtung Strahlungsquelle und zwar viel schneller als in Bereichen ohne oder mit weniger Strahlung. Bereits fünf Jahre nach der Katastrophe, im Jahr 1991 wurde dieser schwarze Schimmelpilz im Reaktor nachgewiesen.

Schwarzer Schimmelpilz auf Oberflächen
Wie schützt sich der Schimmelpilz vor radioaktiver Strahlung?
Dieser schwarze Schimmelpilz besitzt einen hohen Anteil an Melanin. Es handelt sich hier um ein Pigment, dass auch uns Menschen vor hoher UV-Strahlung schützt. Melanin schütz ihn nicht nur vor Strahlung, mittels Melanin wandelt der Pilz Gammastrahlung in chemische Energie um und nutzt es für sein Wachstum. Forscher haben festgestellt, dass Schimmelpilze mit Melanin um ca. 10 Prozent schneller wachsen als solche ohne das Pigment. Diesen Vorgang nennt man in der Wissenschaft Radiosynthese. Die genaue Funktionsweise, wie genau der Schimmelpilz die Radioaktivität nutzt und neutralisiert, ist bisher allerdings noch unklar. Die Wissenschaft arbeitet gerade daran.
Wie kann der Mensch das für sich nutzen?
In mehreren wissenschaftlichen Studien untersuchen Forscher, wie die Verhaltensweise des schwarzen Schimmels für den Menschen genutzt werden kann. So könnte der Pilz helfen, Krebspatienten bei der Bestrahlung oder Mitarbeiter in Kernkraftwerken vor Strahlung schützen. Für die Sicherung von Raumfahrzeugen gegen Weltraumstrahlung gibt es bereits konkrete Experimente. So wurde schon 2018 die in Tschernobyl nachgewiesene Schimmelpilzart Cladosporium sphaerospermum auf die Internationale Raumstation ISS geschickt. Mit interessanten Ergebnissen: Im Vergleich zu den Bedingungen auf der Erde wuchs der Pilz im All 1,21-mal schneller. Sicher ist allerdings, dass Nährböden mit dem Pilz mehr kosmische Strahlung abschirmten als Petrischalen ohne den Pilz.
Wenn Ihr das nächste mal Schimmelpilze seht, denkt daran, sie können durchaus auch nützlich sein. Es gibt derzeit noch andere Anwendungsgebiete wie Verpackungsherstelltung und Müllentsorgung. Auch hier sind Forscher derzeit dabei Schimmelpilze auf ihre Funktion zu testen. Das Potential der Pilze wird gerade erst entdeckt.
